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Martin Eder
Asymmetry
Galerie EIGEN + ART Berlin
17.03.2012 - 05.05.2012

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Asymmetry

Der Begriff Asymmetrie ist in der Evolution verbunden mit Chaos und Mutation. Das Ungleichgewicht stiftet Unruhe und lässt aus dem gemeinen Raster fallen. Diesem fast Fehlerhaften wohnt auch die treibende Kraft zur Veränderung inne, der Aufbruch.

Martin Eder hat in den letzten Monaten einen Werkblock von neuen figürlich-abstrakten Aluminiumskulpturen und dazu zehn Leinwänden und Papierarbeiten geschaffen, der als Ausschnitt in der Galerie EIGEN+ART nun in Berlin gezeigt wird.

Martin Eders Arbeit liest sich seit langem als codierte Ironie, melancholisches Zwischenstadium im Kosmos aus Neuer Sachlichkeit, scharf zynischer Anti-Haltung und zeitgenössisch-figürlicher Malerei und Installation. Er beschäftigt sich mit den Fragen der Metaphysik: Die Suche nach der Erkenntnis der Grundstruktur und den Prinzipien der Wirklichkeit. Was macht das Wesen des Menschen aus? Das Sein ist das, worin einerseits alle Gegenstände übereinkommen und worin sie sich zugleich unterscheiden. Der Gegenbegriff zum Sein ist hier das Nichts, da nichts außerhalb des Seins stehen kann.

Sechs bizarr durchlöcherte Aluminiumobjekte mit quecksilbrig spiegelnder Oberfläche sind im vorderen Galerieraum mit Sockeln auf einem schwarzen Monolith verteilt. Das fast flüssige Metall ist zu abstrakten Köpfen erstarrt, zu lebensgroßen Schnappschüssen, gleich eines wahnsinnig anmutenden Transformationsprozesses in rasender Anpassungsmechanik. Die gespenstisch hohlen Portaits sind im eigenen Transit gefangen, wir sehen schillernde Luftblasen mit leeren Augenhöhlen zwischen Robocop und anatomischem Theater.

Der lebensgroße Torso aus Eichenholz einer sehr schlanken Nackten schwebt mit geschlossenen Augen auf einer Glasplatte im hinteren Ausstellungsraum. Das skulpturale realistische Portrait der Frauengestalt wird mit einem mit hautfarbenem Wachs verschlossenem Schnitt durch die Wirbelsäule fast gänzlich durchtrennt. Ätherisch-morbid liegt die fatal Geschundene im tiefen Dauerschlaf, zerfließt auf ihrer kalten Unterlage. Ihr zarter Arm und Rücken deformieren sich, als ob der Körper beginnt wegzuschmelzen.

Nach den realistischen Ölbildern der letzten Ausstellung UGLY von unheilvoll überzuckerten Nackten mit schleimig irisierender Haut und zarten Kätzchen betreten nun großformatige grau-grüne gelebte Körper, wie der Künstler selbst sagt: „mit dem Teint des Unterbauches von totem Fisch", das Tableau. Kokett und aus den Fugen geraten, präsentiert sich ein regenbogenfarbener Hintern, glitschig changierend als Gegenentwurf zu medialen Vor-bildern und verlorenem Diät-Wettkampf und Dauercastings. In den Malereien sind es nicht die Schönen, die sich durch den Kosmos träumen, sondern realistische, hart vom Leben gezeichnete Körper mit all ihren Falten und Grübchen, mit strähnigem Haar und kaputtem Nagellack. Die Protagonistinnen stammen aus Martin Eders großem Aktfotografieoeuvre, das er seit 2003 als Atlas, Tagebuch und Dokumentation führt. (vgl. Kat.: Die Armen, Prestel). Ihre Raumfahrt findet, wenn auch nur im Kleinen, vor den Sternen der Bildtapete im Solarium statt.

„Es gibt im Gesicht des Menschen eine unendliche Verwicklung von Winkelzügen und Ausflüchten, die dem geistigen Verkehr entspricht, auf dem alles beruht. Man denkt nicht mehr daran, das Leben auf die Einfachheit der Sonne zurückzuführen. Gleichwohl trägt jeder von uns diese Einfachheit in sich: er vergißt sie zugunsten von Zufallsverwicklungen, die von der knauserigen Bangigkeit des Ichs abhängen."

Georges Bataille, Die Missgeschicke der Gegenwart (1940), in: Die Freundschaft, Paris 1961.

Videointerview mit Martin Eder zu den aktuellen Werken

 

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