Tom Anholt
Close to Home
Galerie EIGEN + ART Berlin
25. März - 24. April 2021
Film & Edit: Matthias Maercks
Music: kidkanevil (Gerard Roberts)
In seiner Ausstellung „Close to Home“ in der Galerie EIGEN + ART Berlin nimmt Tom Anholt nichts weniger als das Wesentliche der menschlichen Existenz in den Blick. In seinen neuen Werken sind hauptsächlich enge Familienmitglieder dargestellt, wodurch der Künstler sich selbst nachspürt und uns als Betrachter:innen dabei erfrischend einbezieht.
Stellt sich in unserer Zeit die Frage neu, was Heimat bedeutet, so gilt dies im Besonderen für Menschen, die ihr Leben fernab dergleichen verbringen. Heimat wird zu einer abstrakten Idee, einem Sehnsuchtskonzept, das sich aufgrund erschwerter Reisebedingungen in seiner Bedeutung verschiebt. Der Griff zum Bild stellt dabei einen nicht zu unterschätzenden Versuch dar, eine nostalgische Verbindung zum Vertrauten herzustellen. Bildern ist die Fähigkeit inhärent, einen imaginären und subjektiven Raum zu schaffen, indem sie uns eine fiktive Nähe zu Orten, Gegenständen und Personen spüren lassen können.
Eine Sphäre, in der wir unsere Sehnsuchtsorte ohne materielle Bilder erreichen können, ist der Traum, der sich als Thema ebenfalls durch die Ausstellung zieht. In der Arbeit „Ada’s Dream“ versucht die Tochter des Künstlers Ordnung in die sie umgebende Welt zu bringen, indem sie für uns als Außenstehende nicht nachvollziehbare Sinnzusammenhänge herstellt. Dabei lässt sie die Grenzen zwischen Linie und Fläche, Vorder- und Hintergrund verschwimmen und löst den Raum um sich in einen Flickenteppich aus Erinnerungen, Märchenhaftem und Undefinierbarem auf. Zusammenhänge lassen sich in der Ausstellung um dieses großformatige Werk immer wieder entdecken, Bilder spiegeln sich gegenseitig inhaltlich und formal und lassen eine kohärente Struktur erkennen, die als Konstruktion einer Persönlichkeit gedeutet werden kann.
Die Arbeit „Babylon“, die die Ausstellung eröffnet und abschließt, zeigt einen Strauß aus verschiedenen Blumen in einer Vase zusammengefügt. Der Titel beinhaltet dabei mehr als die Assoziation mit einem mythischen Ort. Babylon steht exemplarisch einerseits für die „babylonische Verwirrung“, mit der Gott laut des Alten Testaments die Macht der Menschen beschränkte, indem er ihnen die verschiedenen Sprachen gab. Andererseits steht die Stadt für das Exil, das identitätsstiftend für das jüdische Volk ist. Beide Zustände, sowohl die Verwirrung als auch das Abgeschnittensein bilden derzeit ein kollektives Gefühl ab. Mit dem Ergebnis seiner Arbeit hat Tom Anholt ein perfektes Ventil gefunden, um diesem Gefühl Ausdruck zu geben. Der Blumenstrauß steht dabei sinnbildlich für die Schönheit dessen, was unser Dasein ausmacht: ein Vieles, das zu Einem wird.