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César Bardoux, Jean Claracq, Miryam Haddad,
Nathanaëlle Herbelin, Madeleine Roger Lacan, Elene Shatberashvili
J'aime, je nʼaime pas
Galerie EIGEN + ART Leipzig
29. Februar - 28. März 2020

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AUsstellungansicht 2020

Die Ausstellung „J'aime, je n'aime pas" (Ich liebe, ich liebe nicht) folgt der Einladung der Galerie EIGEN + ART an Tim Eitel und vereint 6 KünstlerInnen, die aus Georgien, Israel, Syrien und Frankreich kommen und in der Klasse von Tim Eitel an der École des Beaux-Arts de Paris studiert haben. „Meine Arbeit kreist um eine Art Doppelleben zwischen zwei Ländern — Frankreich und Georgien — ", sagt Elene Shatberashvili, die in Paris lebt, „das körperliche und emotionale Leben in einem Land und in der Vorstellung in einem anderen Land. Ich lebe und beobachte die Verschiebung der äußeren und inneren Grenzen. Die ehemals festen Werte werden weich, die Wörter wechseln ihre Bedeutung. Und immer die Schwierigkeit die Welt zu erfassen." Das fasst zusammen, was die 6 KünstlerInnen eint: die Suche nach Identität in einer unsicheren Welt und ebenso knüpft es an Barthes an, wenn er sagt, dass was wir lieben oder nicht lieben unsere Identität ausmacht, uns in der Abgrenzung vom Anderen erklärt — mein Körper ist Eurem nicht gleich.

Ich liebe, ich liebe nicht

Ich liebe: Salat, Zimt, Käse, Gewürze, Mandelteig, den Geruch frisch geschnittenen Heus (ich hätte es gern, wenn eine » Nase « ein solches Parfüm herstellen könnte), Rosen, Pfingstrosen, Lavendel, Champagner, leichte Stellungnahmen in der Politik, Glenn Gould, über alle Maßen eisgekühltes Bier, flache Kopfkissen, geröstetes Brot, Havannazigarren, Händel, abgemessene Spaziergänge, Birnen, weiße Pfirsiche oder Weinpfirsiche, Kirschen, Farben, Uhren, Federhalter, Schreibfedern, Zwischenspeisen, rohes Salz, realistische Romane, das Klavier, das Café, Pollock, Twombly, die ganze romantische Musik, Sartre, Brecht, Verne, Fourier, Eisenstein, die Züge, Médoc, den Bouzy, Kleingeld, Bouvard und Pécuchet, am Abend Spaziergänge in Sandalen auf den kleinen Landstraßen des Südwestens, die Flussbiegung des Adour, vom Haus des Dr. L. aus gesehen, die Marx Brothers, den serrano um sieben Uhr morgens beim Verlassen von Salamanca usw.

Ich liebe nicht: weiße Rocker, Frauen in langen Hosen, Geranien, Erdbeeren,das Cembalo, Miró, Tautologien, Zeichentrickfilme, Arthur Rubinstein, Villen, Nachmittage, Satie, Bartok, Vivaldi, das Telefonieren, Kinderchöre, Chopins Konzerte, burgundische Reigentänze, die Tänze der Renaissance, die Orgel, M.-A. Charpentier, seine Trompeten und Kesselpauken, das Politisch-Sexuelle, die Szenen, Initiativen, Treue, Spontaneität, Abende mit Leuten, die ich nicht kenne, usw.

Ich liebe, ich liebe nicht: das hat für niemanden Bedeutung, das hat anscheinend keinen Sinn. Und doch bedeutet all das: mein Körper ist Eurem nicht gleich. So tritt in diesem anarchistischen Aufschäumen der Neigungen und Abneigungen, dieser Art zerstreuten Schraffierens, langsam die Figur eines Körperrätsels hervor, das nach Komplizität oder Gereiztheit verlangt. Hier beginnt die Einschüchterung des Körpers, die den anderen dazu zwingt, mich liberal zu ertragen, schweigend-höflich zu bleiben vor den Genüssen und Verweigerungen, die er nicht teilt.
(Eine Fliege geht mir auf die Nerven, ich töte sie: man tötet das, was einen ärgert. Hätte ich die Fliege nicht getötet, dann aus reinem Liberalismus: ich bin liberal, um nicht ein Mörder zu sein.)

Roland Barthes par Roland Barthes, Paris 1975

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