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Uwe Kowski
treiben
Einzelausstellung
Galerie EIGEN + ART Berlin
15. Januar bis 21. Februar 2015
Eröffnung: 15. Januar 2015, 17 - 21 Uhr
Die Ausstellung treiben zeigt neue Arbeiten von Uwe Kowski, die im Jahr 2014 entstanden sind.
Uwe Kowskis Bilder sind Momentaufnahmen, gemalte Augenblicke, die auf etwas Gesehenes oder aber etwas, das man gesehen haben könnte, zurückgehen: ein aufgeschnapptes Detail, auf der Straße, unterwegs oder im Atelier. In seinen Bildern kann man beobachten, wie diese Gedanken sich formal entwickeln, verändern und im Malprozess andere Formen annehmen, als die Ursprünglichen, sich treiben lassen und sich zu einem ganz eigenen System zusammenfügen. Wie das fertige Bild am Ende aussehen wird, weiß Kowski oftmals vorher nicht; welche Farbigkeit, Struktur und Kompostion es braucht, ist dagegen als skizzenhafter Gedanke vorhanden. Jede Idee verlangt ihre eigene Methode, und auch wenn sich Pinselduktus, Formen und Farbpalette innerhalb gleichzeitig entstandener Bilder stark voneinander unterscheiden, verbindet sie doch eine vereinende Handschrift und eine unmittelbare Reaktion, die sie beim Betrachter auslösen. Die Titel liefern einen Anstoß für eine Kette von Assoziationen, können eine ganz banale Bildidee auf den Punkt bringen, wie in Holz, das auf die Idee eines Waldstücks zurückgeht, oder aber völlig in die Irre führen und den Betrachter mit seinen eigenen spontanen Eindrücken zurücklassen: In Spielfeld ist der helle Bildgrund übersät mit unterschiedlich großen weißen Bollen, die man so richtig keiner Sportart zuorden mag, genau so wie im Bild Turnhalle, bei dem man ohne den Titel zu kennen wohl an alles andere denkt als eine solche. Doch auch hier liegt eine konkrete Idee zugrunde: ein Pressefoto einer Turnhalle, die zum Flüchtlingslager umfunktioniert wurde, und in der sich Decken, Matten und Kleidung unterschiedlichster Muster und Formen zu einer schieren Masse aus farbigen Oberflächen vermischen.
„Im weitesten Sinne ist mein Thema die Umwelt mit mir selbst darin und alles, was um mich passiert." Ohne die Bilder mit Bedeutungen aufladen zu wollen, geht es Kowski vor allem um die Malerei selbst und ihre Möglichkeiten. Den Sujets seiner Bilder begegnet er mit einem Genuss am Trivialen und Alltäglichen – seine Landschaftsbilder, wenn man sie als solche erkennen mag, sind keine wirklichen Abbilder von reell existierender Natur, sondern Ideen irgendwelcher Landschaften, die sich mit der Komposition von Farben, der Verteilung von hellen und dunklen Flächen und der Entstehung von Tiefenräumen in der zweidimensionalen Fläche der Leinwand befassen.
Die Idee zu seinen jüngsten Arbeiten, einer Reihe von Bildern, die stärker als bislang grafische, rasterartige Formen aufweisen, kam ihm beim beiläufigen Blick auf den fleckigen Atelierboden. Kowski nahm sich alltägliche Muster und bekannte Zeichensysteme zur Vorlage, die man im täglichen Leben betritt und auf denen man sich bewegt – einen Parkplatz mit seinen repetitiven Markierungen (Platz), den Turnhallenboden mit den aufgemalten Spielregeln in Form von farbigen Spielfeldbegrenzungen (Regel) oder den dreckigen, mit alten Kaugummis übersäten Asphalt eines Gehweges in London. Die raue, pure Form und die undefinierbare Struktur von etwas völlig Geläufigem, das sich so überall wiederfinden könnte, steht hier im Vordergrund. Anders als in treiben oder Holz, in denen vertikale Linien notwendig sind, um eine Strenge ins Bild zu bringen und die sich verselbstständig wollenden Farben zu bändigen und zu ordnen sind es nun gesehene Ordnungssysteme selbst, die zum Anlass für ein Bild dienen.
Etwas abseits davon, aber immer parallel entstanden, ist die kleinformatige Serie von (Selbst-)Porträts, mit denen Kowski sich seit einigen Jahren beschäftigt. Mit diesen Kopfstudien wendet er sich dem wohl klassischsten Sujet der Kunstgeschichte zu.
Von allen charakterisierenden und individuellen anatomischen Merkmalen entleert, zeigt nackt das Porträt, eine Büstenform als leere Hülle, Projektionsfläche und reine Form. Er lässt sich im gleichnamigen Bild nur schemenhaft und allein durch den Einsatz einer anderen Farbe – der Hautfarbe – von den pastosen senkrechten Pinselstrichen der Bildoberfläche unterscheiden, während der dunkle fleckige Kopf unter der Sonne sich ganz klar vom einheitlich rot-rosanen Hintergrund abhebt, wenn auch allein als expressiver Farbhaufen, den der Betrachter dank der bekannten und gelernten Form zu einem Kopf addiert. Uwe Kowskis Bilder sind ein ernsthaftes Spiel, ein Ausloten von Möglichkeiten mit Hilfe der Malerei.
Text von Leonie Pfennig