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Titus Schade
TETRIS
Galerie EIGEN + ART Berlin
Ausstellung: 1. Juni – 8. Juli 2017
Eröffnung: 1. Juni 2017, 17 – 21 Uhr

Titus_2017

Schroffe Berge, auf denen sich Architekturen ausdehnen, eigentümliche Fassadenformen, wie aus Rauch geformt, eine Schublade mit Schlüsselloch, aus der Szenen emporsteigen. Die Bilder von Titus Schade spielen mit Wirklichkeit und Illusion, mit Abbild und Fantasie. Seine Bilderfindungen sind von hoher Anziehungskraft. Sie zeigen Unfassbares, genauer Irgendetwas, was nicht auf einen Begriff zu bringen ist. Zunächst belanglos erscheinende Fragmente der Realität sind dem Gefüge eines Kontextes und dem übergeordneten Strukturbezug entzogen, wodurch sich eine ins Surreale gesteigerte Intensität des Ausdrucks einstellt. Eine leichte Anmutung von Landschaft im Hintergrund oder noch unerschlossene Leerzonen begrenzen den Bildraum. In diesem changierenden Umgang mit der Darstellung und Inszenierung von Realität ist die Gestalt des Menschen ausgeklammert. Trotz aller Verfremdungseffekte handelt es sich nicht um ungegenständlich-abstrakte Malerei, sondern um die Darstellung von Gegenständen, die direkt zugeordnet werden können. Aber die Metapher des Unfassbaren drängt sich dennoch auf, da die erkennbaren Elemente zwar Erinnerungen an Bekanntes wecken, doch ins Blickfeld gerückt scheinen sie ein seltsames Eigenleben zu führen: Geometrische Grundfiguren erzeugen Spannungsfelder, markieren gleichzeitig jedoch kühle Distanz und konstruktive Ernsthaftigkeit.

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Die Farben atmen ruhig und tief, wirken feierlich zugunsten eines den Bildraum aufsaugenden, dominierenden Schwarz, dass die leeren Architekturkörper wie Filmkulissen oder Bühnen auftreten lässt. Das Lichtspiel aus Hell und Dunkel betont zudem die Entleerung des Raumes. Die Szenerien Schades tauchen dadurch noch einmal mehr in eine entrückte Atmosphäre ein, die rätselhaft wirkt und das Konkrete aufzulösen wagt. Sonderbar traumhaft muten die Bauten an, deren melancholische Poesie die Betrachter in ihren Bann zieht. Es sind jene malerischen Impressionen, in denen sich seine künstlerische Sensibilität und Ausdruckskraft offenbaren. Sie verleihen der in den Blick genommen räumlichen Situation in all der spürbaren Verlassenheit eine poetische Intensität, einen Zauber.

Immer wieder wird der Charakter einer architektonischen Idee anhand wesentlicher Details ins Bildfeld gerückt. Der die Bildmotive ins Surreale wendende Abstraktionsgrad stellt dies zunächst in den Hintergrund. Erst durch näheres Hinschauen zeigt sich, dass es jenseits aller Phantastik auch um die Suche nach der Ursprünglichkeit, etwa dem eigentlichen Wesen, etwa eines Bauprojekts gehen kann. Deutlich wird diese Strategie in dem Gemälde eines Giebelhauses vorgeführt. Inspiriert durch die leer stehenden, riesigen Speichergebäude am Lindenauer Hafen in Leipzig, verwandelt sich eines dieser Spitzgiebel-Häuser in Körper, ingenieurwissenschaftlich-technisch konstruiert. Gerade die Entkoppelung vom Umfeld gibt den Blick frei auf das architektonische Konzept, das skulpturale Zusammenspiel einzelner Elemente und ihrer minimalistischen Formensprache. Ein realer Raum wird neu interpretiert.

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Schades präzise gemalten Bilder sind nicht überbordend an Handlung und Drama. Stattdessen präsentieren sie eine zeitlose, entvölkerte Ordnung und Nüchternheit. Der Maler inszeniert feine Abstufungen zwischen Distanz und Nähe. Seine Werke vollenden sich in den Betrachtern, die vor ihnen verweilen und über diese Begegnung mit dem Fremden nachdenken. Jedes Bild erhält damit seinen Sinn.

Text von Eva Maria Günther

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